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Wozu dienen die Gebote?

Die seelische Existenz ist amoralisch. Sie ist ewig, unendlich und eins. Daher gibt es für sie nicht die Frage nach moralisch oder unmoralisch. Nach menschgemachten, zeitgeistabhängigen Kategorien. Und so ewig, unendlich und eins ist das Schicksal und das, was wir gemeinhin als Gott bezeichnen. Daher ist es sinnlos zu fragen, wie Gott all das Leiden zulassen kann, das Töten, wo er doch gebietet „Du sollst nicht töten!“. Gott, die Seele, das Schicksal – und wir – sind eins. Die Dinge sind so, wie sie sein sollen. Wie sie recht sind. Nicht, wie sie nach unseren moralischen Vorstellungen sein sollen. Die Gebote haben nur einen Sinn: Ihre Befolgung ermöglicht es unserem Bewusstsein, den Schleier des Verstandes von unserer Seele zu lüften und es uns zu ermöglichen, uns in unserer Ganzheit zu erfahren. Sie dienen dazu, den Verstand in seinen Begierden zu schwächen. Seine Wälle transparenter zu machen.

Jeder kennt vielleicht ein oder zwei ausgeprägte Verstandesmenschen. Sie kommen zu uns und beginnen zu reden. Sie reden ohne weitere Erklärung von Leuten („der Peter, die Claudia, der Hans…“), die wir nicht kennen und fügen auch keine weiteren Informationen hinzu. Es ist ihnen egal, ob wir ihre Worte verstehen. Sie reden von Dingen, von denen sie sogar wissen, dass wir von ihnen nichts verstehen ohne sich auch nur einen Gedanken darüber zu machen, dass wir nichts von ihrem Reden begreifen. Dann reden sie von Gelegenheiten, von gewonnenen Kämpfen. Von sich, die alles im Griff haben.

Begegnet man einem dieser Menschen nach einer Krankheit oder nach einer langen und beschwerlichen Reise, dann sind diese Menschen wie verwandelt. Sie sind erschöpft. Ihr Ego ist erschöpft. Hat sich abgearbeitet an der Reibung der materiellen Welt. Sie sind ruhig. Sie nehmen so wenig Raum ein. Sie sind besonnen. Aufnahmefähig. Es entspinnen sich gemeinsame Gespräche wo sonst nur versteckt knallharte Monologe existierten. Andere Menschen. Durch das geschwächte Ego hat die Wahrnehmung der Einheit mehr Platz und verändert die Welt. Verändert diese Menschen.

Das wollen die Gebote erreichen. Sind jene aber am nächsten Morgen wieder ausgeschlafen, dann stehen die Wälle wieder und ihr Ego hat für niemanden mehr Platz außer für sich selbst. Dieser Zustand der Verschleierung ist die Strafe, die sie sich zuziehen. Nichts anderes. Es ist das Leben in der Getrenntheit unter dem lichtdicht gewebten Schleier des Verstandes, der die Seele verhüllt.

Niemals darf der Schmerz uns leiten. Unser Handeln erwächst aus dem angstlosen Wissen um unsere Geborgenheit im Sinn, um unsere Beseeltheit und um die ewige Einheit von allem. Wir handeln immer in Liebe zu allem und jedem. Es existiert keine innere Trennung. Niemals darf der Schmerz allein uns leiten.

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