Muss der Weg denn immer schwer sein? Egal wo man liest, immer heißt es: Der Himmel mag nicht den einfachen Weg. Oder so ähnlich. Zumindest in den ursprünglichen Texten.
Möglicherweise geht es gar nicht um schwer oder leicht. Es ist vielleicht gar nicht so, dass der Seelenweg schwer ist, weil er schwer sein muss.
Wenn wir die Augen schließen und die Ohren verstopfen und dann die Aufgabe haben, nur am Lufthauch zu erkennen, wer gerade an uns vorüber geht: Ist das nicht auch schwer? Sagen wir dann nicht ganz natürlich: „Was für ein Quatsch! Lass mich Augen und Ohren öffnen, dann ist es mir doch ein Leichtes, diese Aufgabe zu erfüllen!“ Aber das, was wir dann wahrnehmen, ist etwas anderes. Genau so, wie das Lesen der Blindenschrift mit den Fingern eine (schwere) Schulung der sensorischen Sinne voraussetzt, welche vom Normalbürger in der Regel nicht freiwillig auf sich genommen wird, verhält es sich vielleicht auch mit dem Seelensinn.
Zum einen sind wir in der seelischen Wahrnehmung nicht geschult. Es ist schwer. Es ist auch manchmal für mich schwer. Ich möchte lieber einfach einen Kaffee trinken und bekomme Kopfschmerzen. Trotz jahrelangen Wahrnehmens auf der jenseitigen Ebene.
Noch schwerer als das Lernen, den Sinn zu erkennen, ist es, das was man wahrnimmt, in sein Leben fließen zu lassen. Einerseits, weil man eh nicht sicher ist, ob das alles so ist, wie man sich das gerade so zusammengereimt hat und andererseits, weil unsere Welt dafür nicht mehr in der Verfassung ist. Sie ist seit Jahrtausenden gestaltet vom Verstand. Die Regeln basieren auf materiellen Aspekten. Genauso, wie sämtliche Anschauungen. Deswegen ist der Seelenweg schwer! Es liegt an den Umständen. Und genauso, wie die Probanden im obigen Beispiel es sich einfach machen und Augen und Ohren wieder öffnen, genau so bedeutet das Leichtmachen in seelischer Hinsicht, die Wahrnehmung mit dem ungeschulten Sinn aufzugeben und sich einfach dem materiellen Fluss hinzugeben. Dem Leben, wie es sich uns in dieser Gesellschaft bietet zu folgen und darüber eventuell mehr oder minder zu verzweifeln (oder sich im Schwadronieren über das Mögliche zu verlieren). Darum ist das „Leichtnehmen“ aus Sicht der „alten Schule“ irgendwie nicht das Richtige. Lebten wir mit intakten Sinnen in einer Welt, in der Dinge und Seele im Ausgleich wären und wir sowohl im materiellen als auch seelischen Fluss wären: Diese Passagen mit dem schweren Weg (oder so ähnlich) würden aus allen Schriften getilgt werden…