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Leserbrief an eine attraktive und smarte Kolumnistin einer bekannten Nachrichtenwebseite – Horizonterweiterung

Sehr geehrte Frau B.,

ich wünschte mir, Sie könnten zu Ihrer Menschlichkeit zurückzukehren. Ein seltenes Wort in unserer Gesellschaft. Ziemlich vergessen, würde ich sagen. Trotzdem. Oder gerade deswegen.

Schauen Sie: Ich habe eine Freundin. Genauso smart wie Sie. Bildungsliebend und sich für Ihre Smartheit auch gerne selbst immer wieder auf die schulterklopfend. Ähnlich scharfzüngig. Schlank, hübsch, nicht ganz so blond und… Feministin. Sperrig in diesem System. Nicht so gern geduldet von der Männlichkeit als jemand, der von klein auf von Mutter und Großmutter gelernt hat, dass die Frauen (besser: das Weibliche) das permanente Vergewaltigungsopfer einer patriarchalischen Gewaltherrschaft sind. Kleidet sich bewusst „unscharf“. Organisiert sich selbst. Ist ausgebildete Sängerin. Dichtet, textet, macht Kabarett.

Frau B., stellen Sie sich einmal vor: Sie wären klein und dick und pickelig. Sie würden nicht das tun, was sie jetzt tun. Allein wegen Ihrer äußeren Erscheinung. Als bürgerliche, gebildete Bildungs- und Wissensanbeterin, da wären Sie dann vielleicht in der Forschung. Im Kellerlabor. Und Ihr Vorgesetzter würde vielleicht alle Ihre Entdeckungen für sich beanspruchen und Sie „Mariechen“ oder „Benkchen“ rufen.

Oder stellen Sie sich vor, Sie wären eine nach den männlichen Normen als attraktiv eingestufte Blondine, aber hätten nicht das zufällige Glück gehabt in einer heimeligen bürgerlichen Bildungsfamilie aufzuwachsen. Mit all den Förderungen und Vorteilen. Wo wären Sie dann? Wo hätten die Männer Sie dann hin gesteckt? Und Ihnen keinen Respekt gezollt? Ihnen zollt man jetzt Respekt, weil jeder weiß, dass Sie sich auch einen Anwalt nehmen wenn es einer drauf anlegt. Viele können das aber nicht.

Und wenn Sie dann in Ihrem Labor sitzen und Sie hören Ihren Chef mit seinen Kumpanen lachen oder im DM-Markt stehen, wo Sie für den Marktleiter und die männlichen Kunden auch nur totes Fleisch und auf der Flucht sind, dann ziehen Sie sich zurück. Zurück in Ihre Welt, in Ihre Nische. Denn entweder gefallen Sie den Männern nicht, da können Sie auch noch so schlau sein, oder man betrachtet Sie ohne Würde als Mensch, da Sie nur Lustvieh für den Mann sind. Und es ist eine Welt des Mannes. Des Materialismus. Eine Welt desjenigen, der das Messer zwischen den Zähnen hat und bereit ist, es dem Anderen in den Rücken zu stechen. Und Sie wollen das aber nicht. Oder Sie können es einfach nicht. Und so fallen Sie durch das Rost, während die Schönen (Frauen) und Smarten und Harten Highperformer Ihre Welt der Gnadenlosigkeit und des Egoismus zelebrieren und Sie zwingen, darin dahinzuvegetieren. Da kommen Sie vielleicht in Ihrem Schmerz auf komische Gedanken. Dass die Welt ein globales Ausbeutungssystem sei. Dass das, was da geschieht doch nicht „menschlich“ sein kann. Dass ein System, das so bereit ist, Millionen von Menschen, die vielleicht wirklich „Menschen“ sind, abzuhängen – völlig zu vergessen! -, weil sie nicht in benebelter Vasallentreue am allgegenwärtigen Gemetzel Jeder gegen Jeden teilnehmen wollen. Die keine austauschbare Maschine des herzlosen Kapitalismus sein wollen. Oder die nicht hübsch oder smart genug sind… Und die Highperformer zelebrieren weiter gnadenlos ihr Fest.

Und dann kommt Corona. Und das unmenschliche, unsolidarische, patriarchalische und nur Strafe und Zucht kennende System, das sonst nichts für Sie bereit hält außer Ausgrenzung und Demütigung, kommt über Sie. Und Sie halten Ihr Leben gerade noch aus. Mit aller Anstrengung. Und dann kommt das System über Sie und dringt ein in Ihre kleine Welt, in der Sie Ihren Schmerz gerade noch bewältigen können. Und Sie wollen nicht mehr Druck und Sie wollen es nicht, dieses widerliche Sie nur benutzende System der gestörten Egoisten. Derer, die Sie vergessen und die sich die Welt gewalttätig nach Ihrem egoistischen und unmenschlichen Sinne aufteilen. Die sagen: „Halt doch die Klappe, Du Null! Du hast zu fressen, sei zufrieden! WIR reißen uns den ganzen Tag den A… auf für Dich, damit Du Null zu fressen hast, in unserer schönen grausamen Welt.“

Und dann sind Sie tief im Schmerz und in Ihrem Schmerz da glauben Sie ja schon daran, dass die Welt vielleicht nicht zum Guten der Menschen gelenkt wird und dann…. Und dann gehören Sie vielleicht zu den über Fünfzehmillionen Menschen alleine in Deutschland, die in großer Sorge sind, was die nur an Gewinn und sich selbst glaubenden Highperformer, diejenigen, die sie immer vergessen haben, ihnen jetzt im Verein mit Wirtschaft und Politik nach dem kalten und unmenschlichen Prinzip des Egoismus in die Arme spritzen wollen. Zu ihrem WOHLE. Zu IHREM Wohle. Von denen, die für Geld selbst ihre Großmutter sezieren würden. Von den Unmenschlichen. Und das können Sie dann einfach nicht mehr glauben… Und Sie rufen: „Ihr Schafe! Seht Ihr denn nicht, wie der Kapitalismus Euch auffrisst? Euch betäubt? Euch belügt und Euch nur als Wegwerfware benutzt?“ Und so wie Sie es sind, gibt es auch Männer, die so sind. Männer, die in ihrer Weiblichkeit, in ihrem seelischen, menschlichen Aspekt verletzt sind. – Unter diesen allen „ungeimpften“ – Männern und Frauen – gibt es natürlich auch diejenigen, die genauso sind wie das kapitalistische System. Diejenigen, die nur selbst an den Drücker wollen. Und ihre Macht auf Kosten der Menschlichkeit zelebrieren wollen. Aber es ist eine ganz schlimme Fehlinformation, dass dies die meisten sind. Die Wahrheit ist, dass viele sich vom Kapitalismus abwenden – sich schon seit Jahrzehnten abgewandt haben! -, weil er nur die pflegt, die unmenschlich sind. Und das auch nur so lange, wie sie ihm nützen. Und die Menschen sind nicht bereit, das als das System anzuerkennen, in dem der Mensch leben sollte. Sie haben neben her gelebt. Als vielleicht weiche, menschliche, auf Gegenseitigkeit Wert legende „Gutmenschen“. Weil sie nicht anders konnten und viele, weil sie nicht anders wollten. Weil sie nicht ihre Seele für ein paar Stückchen Zucker und bunte Glasperlen verkaufen wollten.

Sehen Sie. Meine Freundin ist eigentlich genauso wie Sie. Aber sie ist nicht geimpft… Was sollen wir da jetzt zu sagen? Was sollen wir da jetzt tun? Weiter hassen? Weiter trennen? Liebe Frau B. Sie sind eine Frau und ich glaube, Sie haben viel Weibliches und damit Seelisches in sich. Wenn Sie Hass säen, dann vermehren Sie den Hass. Sie wissen, dass das falsch ist. Aber Sie sind zu sehr gefangen in Ihrem eigenen Schmerz, um das gerade zu erkennen… Und der Schmerz ist Teil des Systems. Es ist jahrzehntelange Kultivierung der Trennung zwischen den Menschen… Dahin muss der anklagende Finger gerichtet werden…….

Niemals darf der Schmerz uns leiten. Unser Handeln erwächst aus dem angstlosen Wissen um unsere Geborgenheit im Sinn, um unsere Beseeltheit und um die ewige Einheit von allem. Wir handeln immer in Liebe zu allem und jedem. Es existiert keine innere Trennung. Niemals darf der Schmerz allein uns leiten.

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