Früher dachte ich immer mein Vater sei, da er die Macht innehatte, auch Inhaber der Kraft. Ich dachte, er sei der Starke und die Stärke hätte ich von ihm geerbt. Ich dachte früher immer, meine Mutter sei, als Inhaberin der Ohnmacht, die Schwache. Ich dachte, ich hätte die Schwäche von ihr geerbt. So glaubte ich, meine kompromisslose, fast schon rücksichtslose Durchsetzungsfähigkeit sei Kraft und meine Unfähigkeit, in manchen Situationen etwas zu bewegen oder zu leiten, sei Schwäche.
Mittlerweile weiß ich, dass mein Vater, trotz aller Macht, die er auf seiner Person vereint hatte, der eigentliche Inhaber der Schwäche war. Trotz der Macht hatte er keine Kraft. Mittlerweile weiß ich, dass meine Mutter, trotz aller Ohnmacht, die eigentliche Inhaberin der Kraft war. In ihrer Duldsamkeit lag all die Kraft, die ich von ihr – ohne es mir bewusst zu sein – mit in mein Leben genommen habe.
So ist es so, dass all die Kraft, über die ich verfüge, ein Teil meiner ohnmächtigen Mutter ist. Die Kraft quellt aus meiner Demut heraus. So ist es so, dass all meine Schwäche das Erbe meines machtvollen Vaters ist. Die Macht erwächst aus meiner Angst, im Kampf zu unterliegen.
So entspringt der Gedanke, dass Macht und Kraft zusammengehören oder sogar das Gleiche seien, dem Verstand, da er die Macht liebt und diese so auch gerne mit der Kraft verbunden und vereint sähe. Da die Erkenntnis des Verstandes begrenzt ist, ist dieser sein Gedanke das Resultat einer nicht vollständigen Wahrnehmung der Verhältnisse.
Kraft kämpft nicht. Macht ruht nicht. Vereint sich dann Kraft doch mit Macht, dann geschehen große Dinge. Diese Dinge sind ausschließlich seelischer Natur und resultieren aus grenzenlos wirkender Demut. Geschehen keine seelischen Dinge, dann war keine Kraft beteiligt und es war nur die ängstliche Macht, die gewirkt hat.