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Die Natur des Wartens

Ich musste zehn Jahre warten, um bereit zu sein die richtigen Menschen zu treffen. Ich musste zehn Jahre vergehen lassen, um diesen Menschen auf gleicher Ebene begegnen zu können und dadurch den „nächsten Schritt“ machen zu können. Der „nächste Schritt“ bedeutet, einen anderen Abschnitt des Kreises zu betreten. Das Bewusstsein meines Gesamtzusammenhanges zu verändern.

Zehn Jahre. Das sind die zeitlichen Dimensionen von denen wir reden müssen. Vielleicht sogar von einem ganzen Leben. Oder vielleicht auch von mehreren, bis sich das Bewusstsein dieses Zusammenhanges ändern kann. Bis der „nächste Schritt“ „dran“ ist.

Dieses Warten ist nicht passiv. Es ist aktive Hingabe an den Weg. Warten ist Hingabe.

Ich habe meine Vergangenheit im Detail vergessen. Dies wird mir bewusst, wenn ich alte Schulfreunde wieder treffe. Manchmal muss ich lange in meinen Erinnerungen kramen, um die Geschichten, die sie gerade zu besten gegeben haben, wieder zu finden. Manchmal krame ich vergeblich. Oder das, was sich mir nach längerem Suchen zeigt ist nur noch schattenhaft in Schemen für mich erkennbar.

Meine Zukunft liegt in der Hand der Führung. Mehr kann ich nicht sagen. Hämisch kann man mir entgegnen: „Du wirst dann schon sehen, im Alter, wenn die Rente nicht reicht!“ Das muss mir egal sein. Denn es ist die Führung, die über mein Leben bestimmt. Die „Führung“ ist der Kreis. Ihm gebe ich mich hin. Auf ihm schreite ich im Sinn. So weiß ich nicht was war und so weiß ich nicht was wird. Nach zehn Jahren habe ich einen anderen Abschnitt des Kreises betreten. Nun erwarte ich voller ruhiger Freude das, was kommen mag.

Es gibt ein Naturvolk – den Namen habe ich leider vergessen – das keinen detaillierten Zeitbegriff hat. Wenn sich zwei Menschen dieses Volkes für dann und dann dort und dort verabreden, dann kann es sein, dass einer von ihnen mehrere Wochen am Treffpunkt auf den anderen wartet. So vage ist ihr Zeitbegriff. Es ist für den Wartenden kein Problem. Er wartet in Muße, bis sein Freund eintrifft. Vielleicht wartet er gar nicht und selbst dieser Begriff ist ihm fremd.

Warum ist es für ihn kein Problem? Warum ist es vielleicht gar kein Warten für ihn? Es ist für ihn kein Problem, weil er von einem Ort weg ging, an dem er versorgt war und nun ebenfalls an einem Ort ist, an dem er gleichermaßen versorgt ist. Er kann hier oder dort jagen, hat Wasser und kann in Sicherheit seine Zeit verbringen und in Ruhe schlafen. Da er nicht mehr benötigt und das Leben von ihn nicht mehr abfordert – nicht einmal einen festen Zeitbegriff fordert es – ist er hier und dort geborgen und es ist ihm gleich, wo er sich gerade befindet. Er ist im Paradies. Hier oder dort.

Wir meinen die ganze Zeit, dass immer etwas kommen muss. Wir müssen immer Warten, weil immer etwas passieren muss. So viel ist um uns und in unseren Herzen. Wir haben immer die Hoffnung, dass wenn dann endlich einmal alles passiert ist, wir dann endlich im Paradies sind. Wir sehen nicht, dass dieses Jagen nach und dieses ungeduldige Warten auf etwas genau das ist, was uns vom Paradies getrennt hält.

Niemals darf der Schmerz uns leiten. Unser Handeln erwächst aus dem angstlosen Wissen um unsere Geborgenheit im Sinn, um unsere Beseeltheit und um die ewige Einheit von allem. Wir handeln immer in Liebe zu allem und jedem. Es existiert keine innere Trennung. Niemals darf der Schmerz allein uns leiten.

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