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Die Auflösung des Schmerzes. Das ist die Aufgabe

Heute bin ich im Internet über einen technischen Artikel gestolpert. Einen Artikel über ein Computer-Betriebssystem mit dem ich vor gut eineinhalb Jahrzehnten beruflich gearbeitet habe. Der Artikel beschäftigte sich mit den Vorgängerversionen des Programms, mit dem Zeitpunkt seiner Einführung, mit der Anzahl der Zeilen Programm-Code, der Verträglichkeit mit unterschiedlicher Computer-Hardware, mit den Mindestvoraussetzungen zum Betrieb, mit den Fehlern des Betriebssystems über die Jahre seines Einsatzes und über zusätzlich programmierte Erweiterungen, den Nachfolger, die Kundenresonanz, die verkauften Stückzahlen und so weiter… Zusätzlich war der Artikel mit Bildern der Benutzeroberfläche versehen.

Ich las diesen Artikel und je mehr ich von diesen überwiegend technischen Fakten las, desto größer wurde meine Ruhe. Es entstand ein wohliges Gefühl von Altbekanntem. Eine Erinnerung an Zeiten, die ganz klar waren und deren Herausforderungen mein Verstand seinerzeit zu einhundert Prozent beherrschte. Jederzeit. Wie viel tauchte wieder aus meiner Erinnerung auf! Mit wie vielen in diesem Artikel besprochenen Details musste ich mich damals auseinandersetzen mit dem Ziel, dieses Programm zum Nutzen des Unternehmens und dessen Gewinnmaximierung einzusetzen und zu beherrschen. Seine fehlerfreie und ausfallsichere Funktion zu gewährleisten. Dies gelang mir recht gut und 10 Stunden eines jeden (Arbeits-)Tages waren damals klar und überschaubar. Waren von mir beherrscht und für mein Ego voller Sinn. Ich hatte eine Aufgabe, die ich (die mein ICH) begreifen konnte. Ich hatte einen Platz in der Welt.

Ich war beim Lesen selbst überrascht, welche Wirkung dieser technische, sich mit Schnee von vorgestern beschäftigende Artikel auf mich hatte. Ich war beim Lesen selbst schon überrascht, dass ich ihn überhaupt lese.

Ich wusste, dass ich die letzten Tage sehr im Verstand fest saß, weil ich über mein Bewusstsein einen Kanal zu jemandem geöffnet hatte, dessen Schmerz ich auflösen sollte. Ich fühlte die flirrende Unruhe, die so im Gegensatz zur Seelenruhe steht. Ich spürte mein Blut fließen und wie es gegen jedes meiner Gefäße und Zellen drückte. Ich war Körperlichkeit pur. Angespannt. Der Sinn verlor sich zusehends, die Reizbarkeit kam, der Vorbote der Wut. Die Wut kam auch.

Welch ein Balsam waren da für das geschundene Ego meine Erinnerungen an gute alte Tage, an denen alles klar war. An denen alles beherrscht war. An denen Ruhe und Ordnung herrschten. An denen man alles unter Kontrolle hatte! – deswegen bin ich wohl zu jenem Artikel geführt worden. Um die Angst des leidenden Egos erst einmal zu mildern. Zu übertünchen mit dem Gefühl der scheinbaren Kontrolle und der Sicherheit und des Sinns.

Während ich interessiert beobachte, wie sich die Ruhe einstellt, indem mein Ego die Vergangenheit rekonstruiert und sie in der Gegenwart neu lebendig macht, sie im wahrsten Sinne des Wortes „wiederbelebt“, denke ich an die schnurgeraden Zäune, die Rasenkanten, die ordentlichen Stapel Papier auf den Schreibtischen dieser Welt. An Rechts-Vor-Links. An den wissenschaftlichen Beweis, der immer wiederholbar sein muss, um der Wissenschaft als Beweis zu gelten. An Bachs „Kunst der Fuge“ …und an die Einsamkeit des Egos, das so verloren ist im scheinbaren Chaos. Ich denke an die Geborgenheit unserer Seele, die alles still und ruhend umfasst und überschaut. Und ich denke an uns. An das Bewusstsein, dessen Aufgabe es ist, über Ego und Seele zu wachen. Die Seele in der Materie wirken zu lassen und im Umkehrschluss das Ego nicht destruktiv werden zu lassen.

Heute Morgen konnte ich den Schmerz des Egos mit Erinnerungen an gute alte Zeiten übertünchen. Jetzt wird mein Bewusstsein mit Hilfe der Seele den Schmerz in das auflösen, was er ist: In nichts.

Die Auflösung des Schmerzes. Das ist die Aufgabe.

Niemals darf der Schmerz uns leiten. Unser Handeln erwächst aus dem angstlosen Wissen um unsere Geborgenheit im Sinn, um unsere Beseeltheit und um die ewige Einheit von allem. Wir handeln immer in Liebe zu allem und jedem. Es existiert keine innere Trennung. Niemals darf der Schmerz allein uns leiten.

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