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Der Diktator – Das reine materielle Prinzip

Der Mensch, der zum Diktator wird, muss über überdurchschnittlichen Einfluss auf die materielle Welt verfügen. Sein Verstand – das materielle Bewusstsein – muss in seiner Stärke die meisten anderen Verstände überflügeln, um dann Macht über sie ausüben und sie auf ihn vereinigen zu können. Ein Bewusstsein mit einem überdurchschnittlichen Verstand ist ein Bewusstsein mit unterdurchschnittlicher seelischer Wahrnehmung. Der Diktator muss also über erheblich weniger seelische Wahrnehmung verfügen als die Menschen, denen er diktiert. Man kann sagen, er hat die größere Angst. Den größeren Schmerz.

Nur aufgrund dieses äußerst starken Verstandes, der gleichbedeutend ist mit dem äußerst starken Wunsch nach materieller Vereinigung, kann der Diktator die Menschen an sich ziehen und ihnen seinen Willen diktieren. Viel Verstand ist gleichbedeutend mit viel Schmerz, Angst, Wut und Hass. Die Empfindung von Trennung – der Schmerz – tritt deshalb beim Diktator nahezu immer und bei jeder Gelegenheit ein. Er lässt so viel „entfernen“, was ihm schmerzhaft erscheint, weil ihm so viel schmerzhaft erscheint: Volksgruppen, politisch Andersdenkende, Parteifreunde, die leise Kritik geübt haben, Freunde, die verdächtig erscheinen, Familienmitglieder, die scheinbar nicht mehr zu ihm stehen. Es ist die Angst des Diktators (oder seines Verstandes) vor dem Schmerz des Getrenntseins, der ihn dazu bringt alle potentiellen Schmerzverursacher zu vernichten. Da jeder Mensch in seinem Einflussbereich das Opfer des Diktators werden kann, greift dessen Angst vor Schmerz auf alle anderen Menschen in seinem „Reich“ über. Dies führt zu einer Spirale von Konformität der Bevölkerung mit dem Diktator – der Versuch, sich mit ihm zu vereinigen und so dem Schmerz zu entgehen – und einem zunehmenden Misstrauen des Diktators gegenüber den ihm konformen Menschen, da niemand so konform sein kann, dass er zum Diktator selbst werden könnte. Dies ist aber für den Verstand des Diktators die einzig mögliche Option, um angst- und schmerzfrei sein zu können. Dieser „Mangel“ der Menschen an letzter Anpassung, an völligem Aufgehen im Diktator und der völligen Aufgabe des eigenen Selbsts, schürt wiederum den Schmerz des Diktators und wird auch dem angepasstesten Konformisten irgendwann zu Verhängnis.

Zur Linderung seines Schmerzes braucht der Diktator das Volk. Er muss mit ihm vereint sein. Besser: Es muss mit ihm vereint sein. Er weiß dies und kann es deswegen nicht in seinem Schmerz vernichten, so sehr er es vielleicht auch als Verursacher – als Schuldigen, gegen den er seine Wut richten könnte – der ihn so schmerzenden Trennung ansieht. Der Standpunkt muss deshalb gewechselt werden. Wie der Verstand beim Menschen, der seine inneren Konflikte nicht lösen kann und den Schuldigen außerhalb seiner Selbst sucht, nimmt auch der Diktator sein unvollkommenes, ihn ängstigendes Volk, vereint es auf dem größten gemeinsamen Nenner (Volk, Rasse, Staat, Religion, politisches System, Geschichte, Normen, Werte…) und führt es gegen eine außerhalb dieses Nenners liegende Gruppe in den Vernichtungskampf. Nun ist das Volk voller Angst vor dem Schmerz, der ihm durch die „Anderen“ zugefügt werden soll. Der Diktator hat seinen Angstmechanismus übertragen – die Menschen quasi entseelt indem er sie in der Angst gefangen hält – und so, wie er die Vernichtung der „Schuldigen“ im Inneren betrieben hat, so betreibt das Volk nun angstvoll unter Führung seines Verstandes die Vernichtung der „Schuldigen“ im Äußeren. Das letzte Ziel ist die Einverleibung oder wo nicht möglich die Vernichtung des gesamten Äußeren, denn wo nichts anderes mehr ist, da ist – in der Logik der Materie – auch nichts mehr, was Schmerz verursachen könnte. Ist dies geschehen, dann beginnt die „Säuberung“ durch den Diktator wieder im Inneren, da alles jetzt zum Inneren gehört. Und am Ende bleibt nur noch er, der Diktator, übrig – vielleicht hat aber auch der Schmerz, den er verursacht hat, soviel Wut und Hass in den Resten seines Volkes gegen ihn vereint, dass dieser Hass den seinen übersteigt und er ihm zum Opfer fällt.

Diktaturen sind so wie sind, weil sie sein müssen wie sie sind, wenn das Fundament ein Bewusstsein ist, das einen starken Verstand mit allen seinen Konsequenzen hat. Die Einheit entsteht durch die Angst vor dem Schmerz. Schmerz, verursacht entweder durch das Getrenntsein vom Diktator oder durch das Getrenntsein von den (schuldigen) Anderen. In der Diktatur wird die Einheit in der Materie gesucht. Da seelisches Wissen nicht verfügbar ist, ist es nicht möglich zu erkennen, dass die Einheit der Seele immer gegenwärtig ist und nicht erst herbei geführt werden muss. Es ist nicht möglich zu erkennen, dass der Schmerz der Trennung nur eine Illusion ist.

Die Diktatur ist das Wirken des Verstandes in größerem Maßstab. Die Diktatur des Verstandes im Menschen selbst folgt denselben Prinzipien.

Niemals darf der Schmerz uns leiten. Unser Handeln erwächst aus dem angstlosen Wissen um unsere Geborgenheit im Sinn, um unsere Beseeltheit und um die ewige Einheit von allem. Wir handeln immer in Liebe zu allem und jedem. Es existiert keine innere Trennung. Niemals darf der Schmerz allein uns leiten.

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