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Wann sind wir bereit, von dem was über uns steht und wacht, zu empfangen? Wann sind wir bereit, selbstbestimmt und frei zu sein?

Unser erster Hund hatte anfangs nichts im Sinne als die Flucht. Er war damals, als wir ihn bekamen, vier Jahre alt und wusste nur, sich auf sich selbst zu beziehen und nichts und niemandem außer sich selbst zu vertrauen. Alleine versteckt im Wald zu sein, wäre zu jener Zeit der ideale Zustand gewesen, der ihm die meiste Ruhe gebracht hätte.

Unser zweiter Hund, den wir sechs Jahre später bekamen, hatte nichts anderes im Sinn als die Verbindung. Ihm wäre es im Traum nicht eingefallen, weg zu laufen. Er hätte nicht gewusst wohin. Alleine war er nichts. Er wäre nicht in der Lage gewesen, irgendeine selbstständige Entscheidung zu treffen. Das Einzige, was er wusste, war, dass er jemanden brauchte, der ihm sagte, wie die Welt beschaffen ist. Er war damals auch vier Jahre alt.

Beide waren Straßenhunde, beide dürften ähnliches in ihrem Leben erlebt haben und doch sind sie so verschieden, was ihr Verhältnis zum Empfangen angeht. Unser zweiter Hund Sunny will nur empfangen. Von uns Menschen und auch von unserem ersten Hund Pia. Er benötigt Anweisung und das einzig wichtige für ihn ist es, herauszufinden und dem zu folgen, was wir als wünschenswert erachten. Unser erster Hund Pia ist nicht so gut im Empfangen. Sie empfängt unsere Wünsche, macht sich ihre Gedanken darüber und teilt uns ihre – oft abweichende – Meinung mit. Trotzdem können wir sie mittlerweile überstimmen und sie tut dann trotz anderer Meinung das, was wir für richtig erachten. Uns zu liebe. Aus keinem anderen Grund. Sie empfängt anders als Sunny. Sie empfängt nicht aus Prinzip, sondern sie empfängt aus Vertrauen und aus Respekt uns gegenüber.

So empfängt Sunny von Pia, Pia empfängt von uns Menschen und wir Menschen empfangen von… niemandem, weil wir selbstbestimmte Individuen und die Herren der Welt sind, über denen nichts mehr steht! – wir sehnen uns nach der Einsamkeit des Waldes, weil wir nicht sehen, wem wir vertrauen können. Weil wir sagen, „Lieber alleine als in Konfrontation mit unserer Angst!“. Und weil wir nicht vertrauen können, fürchten wir uns davor, vorbehaltlos zu empfangen und uns ohne Sorge anzuvertrauen. Wir sind lieber die frühe misstrauische Pia als der immer gleich vertrauensvolle Sunny. Pia hat mit der Zeit erkannt, dass es besser ist, wieder in der Gemeinschaft zu sein und dass es besser ist, auch einmal zu empfangen und wieder zu vertrauen. Sie hat erkannt, dass die helfende Hand da war und hat sie genommen, obwohl es für sie nichts Fremderes gab als eine menschliche Hand. Vielleicht würde es uns auch guttun, nicht immer an die einsame Flucht in den Wald zu denken, sondern zu sehen, von wem wir empfangen dürfen. Herauszufinden, wer uns eigentlich die ganze Zeit die Hand hin hält und uns in seiner Gemeinschaft aufnehmen will. Vielleicht ist uns diese Hand auch so unglaublich fremd, dass wir uns erst nicht überwinden können, sie zu nehmen.

Die misstrauische Pia konnten wir erst nach sechs Monaten ableinen. Den vertrauensvollen Sunny nach drei Tagen. Wie lange wollen wir noch an der Leine bleiben? Wann ist unser Vertrauen so groß, dass wir nicht mehr bei der ersten Gelegenheit im Wald verschwinden würden? Wann sind wir bereit, von dem was über uns steht und wacht, zu empfangen? Wann sind wir bereit, selbstbestimmt und frei zu sein?

Niemals darf der Schmerz uns leiten. Unser Handeln erwächst aus dem angstlosen Wissen um unsere Geborgenheit im Sinn, um unsere Beseeltheit und um die ewige Einheit von allem. Wir handeln immer in Liebe zu allem und jedem. Es existiert keine innere Trennung. Niemals darf der Schmerz allein uns leiten.

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