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Was ist „Erziehung“?

Das Grundstück, auf dem wir leben, verwildert immer mehr. 4000 Quadratmeter von der Natur zurück eroberter Selbstversorgergarten. Mitten in der Stadt! Eingekreist von Neubaugebieten, die sich über die Jahre über die umliegenden Wiesen und Felder heran gerobbt haben. Nur diese Insel blieb übrig. 4000 Quadratmeter, deren Besitzerin den Investoren getrotzt, sich deren Angeboten verweigert hatte. Alte Linden stehen hier. Kirschbäume, Apfelbäume, Pflaumenbäume, Birnbäume. Quitten, Erdbeeren, Blaubeeren, Himbeeren, Jostabeeren, Uralte Oberschenkel starke Efeus ranken, es ist an manchen Orten dunkel von den Haselbäumen, die 10 – 15m wie Fontänen in die Höhe schießen und sich am Himmel vereinigen. Dunkle Kathedralen. Man kann dort oben Kiwis sehen. Von einem Strauch, der sich vor Jahrzehnten von seinem Rankgitter emanzipiert und mit seinen Ranken sich in die luftigsten Höhen hinaufgeschwungen hat. Über den alten Pferdestall, hinauf in die Haseln.

Viele Jahre war die Besitzerin bettlägerig. Nun ist sie gestorben. Die sechs Kinder werden sich nicht einig, ob sie an den Investor verkaufen sollen oder es jemand selbst das Grundstück für sich nutzen will. So oder so: Unsere Tage sind hier gezählt. Es kann morgen sein, aber es kann auch erst in zwei Jahren sein.

Wir haben uns deshalb in diesem Herbst entschieden, die Wildnis behutsam zu zähmen. Sonst würde sie im neuen Jahr keinen Platz mehr für uns lassen. Trotz der wunderbaren Gaben, die wir von ihr das ganze Jahr empfangen dürfen. „Behutsam zähmen“ heißt erziehen. Heißt: Wachsen lassen mit Regeln und Begrenzung. Begrenzung des unbändigen Überlebenstriebes. Heißt: Die Einheit lehren. Die Gemeinschaft spüren lassen. Lehren, Opfer zu bringen, die einem selbst nichts nutzen. Wir haben uns entschieden, die Wege wieder frei zu schneiden. Viele Ackerwinden, Brombeeren und Weinranken – die Imperialisten der Natur – müssen weichen. Und wir werden uns ein, zwei kleine Beete für uns nutzbar machen auf denen wir winterharten Feldsalat säen werden. That‘s it. Das ist unsere Begrenzung. Da muss die Natur uns berücksichtigen. Zurückstecken. Uns etwas überlassen. Aus dem Wissen um unser aller Einheit. Der Rest ist gemeinsames Wachstum. Ist gemeinsames Schwingen. Gemeinsam leben in Liebe.

Alles ist Erziehung. Alles ist Bewusstseinsveränderung hin zur Mitte. Begrenzung des Egos. Wahrnehmung der Einheit. Das Bewusstsein, das das versteht, das das erkennt, ohne darüber nachzudenken, für das dies so natürlich ist wie atmen, das wirkt heilsam an dieser wunden Welt. In allen Kreisen, in allen Schwingungen, auf allen Ebenen. Vom Feinsten bis zum Umfassendsten.

Zu wissen, wann man liebevoll umarmend und konsequent handelnd erziehendes Mutter-Vater-Bewusstsein ist und wann man demütig lernendes kindliches Bewusstsein mit dem Bedürfnis nach Begrenzung und Offenbarung ist, das ist das Geheimnis im heilsamen Umgang mit der Welt. Ist das Geheimnis des gemeinsamen Schwingens im Sinn.

Niemals darf der Schmerz uns leiten. Unser Handeln erwächst aus dem angstlosen Wissen um unsere Geborgenheit im Sinn, um unsere Beseeltheit und um die ewige Einheit von allem. Wir handeln immer in Liebe zu allem und jedem. Es existiert keine innere Trennung. Niemals darf der Schmerz allein uns leiten.

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