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Staat, Kunst, Wissenschaft, sie müssen werden wie der Bauer, müssen werden wie der Jäger und Sammler

Es ist kein Wunder, dass Stefan Zweig, der Künstler, der Psychologe, der Genießer, der Wiener, die Fassung verliert, wenn Tolstoi, einer der großen Künstler und Menschenkenner seiner Zeit, zu dem Schluss kommt, dass alles heute Gültige vollständig zu verwerfen sei. Die Kunst, die Wissenschaft, der Staat, das Geld. Und dass das Heil des Menschen auf seiner eigenen Scholle in der Ernte seiner eigenen buchstäblichen Früchte bestehe.

Zweig konnte sich mit dieser Idee, dieser Schlussfolgerung, nicht anfreunden, die seiner Ansicht nach darin bestand, alle Zivilisation aufzugeben und alle Menschen ein Leben als tumber Bauer führen zu lassen.

So radikal und extrem – und so schwer verdaulich für den normalen Staatsbürger – Tolstoi in seiner Schrift „Was ist nun zu tun?“ seine Argumentation darlegt, so richtig liegt er im Kern der Sache. Seine Worte erscheinen auf Fakten und äußeren Betrachtungen gegründet, haben aber ihren Ursprung in tiefem inneren Seelischen Erkenntnissen.

Der Staat, die Kunst, die Wissenschaft, das Geld, die „Zivilisation“, sie alle dehnen sich aus oder akkumulieren auf sich. Ohne Unterlass und ohne (Selbst-) Begrenzung. Ihre Grenzen bestehen nur außen und da, wo sie auf Stärkeres treffen oder ihnen es an Ressourcen mangelt. Haben sie den Stärkeren überwunden, neue Ressourcen akkumuliert, dann dehnen sie sich weiter aus. Wie ein Vulkanausbruch. Alles sinnlos verschüttend. Sie nehmen nur und geben nicht zurück. Sie gehen einen linearen Weg.

Waren es zu Tolstois Zeiten die Arbeiter und Bauern, die ausgebeutet und vernichtet wurden, so ist es heute, natürlich neben der globalen Ausbeutung der dritten Welt und der Selbstausbeutung der westlichen Arbeitnehmer, die Erde selbst, die, nun von allen, ausgebeutet und vernichtet wird.

Der Bauer zu Tolstois Zeiten lebte anders. Er wachte und schlief. Wie die sich drehende Erde. Er begrenzte sich auf sein Dorf, sein Feld und sein Wissen. Dehnte sich nicht unmäßig aus und kreiste. Auf dem Acker, in den Jahreszeiten, in den Tätigkeiten, in seinen Gedanken. Wie die Erde auf ihrer begrenzten Bahn kreist. Sommer und Winter annimmt. Nur diese Bahn will und immer wieder zurückkehrt, damit für das Leben ein neuer Kreislauf beginnen kann. Sie dient nicht sich. Sie dient allem als Teil von allem. Und so der Bauer. Er ist das Abbild des kosmischen Seins der Erde.

Ich gehe, wie schon vor Jahren geschrieben, sogar noch weiter: der Jäger und Sammler, er ist das letzte Ideal. Der völlig Annehmende, der ganz wenig Wissende, der wenig Handelnde und fast spurlos Kreisende. Er ist noch hingegebener an die ihn umgebenden Geschicke…

Wollen wir die „Zivilisation“ erhalten: Das Geld sollte in dieser neuen Zivilisation keinen Platz mehr haben. Es ist das Schlimmste, denn es trennt uns voneinander und von der Basis, den Wurzeln unserer Existenz. Staat, Kunst, Wissenschaft, sie müssen werden wie der Bauer, müssen werden wie der Jäger und Sammler. Kreisen, sich begrenzen, hingebend, spurlos… Bescheiden. Demütig. Wirklich wissend und deshalb rührend. Und so der Mensch. Dann hat er sein Tiersein überwunden.

Niemals darf der Schmerz uns leiten. Unser Handeln erwächst aus dem angstlosen Wissen um unsere Geborgenheit im Sinn, um unsere Beseeltheit und um die ewige Einheit von allem. Wir handeln immer in Liebe zu allem und jedem. Es existiert keine innere Trennung. Niemals darf der Schmerz allein uns leiten.

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