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Keine Zeit zu haben bedeutet, keine Seelen-Zeit zu haben

Keine Zeit zu haben bedeutet, keine Seelen-Zeit zu haben. Zeit zu haben bedeutet, potentielle Zeit für die Seele verfügbar zu haben. Freie Zeit. Unverplante Zeit. Nicht mit Aktion gefüllte Zeit. Zeit außerhalb des Machtbereiches des Verstandes.

Wo ist denn die Zeit, wenn wir keine haben? Ist es so, dass, wenn der Verstand über unsere Zeit herrscht, sie weg ist, dass sie uns dann gar nicht mehr gehört, dass sie uns gar nicht mehr zur Verfügung steht? Bedeutet keine Zeit zu haben, dass wir nicht mehr Herr über uns selbst sind? Was wäre denn, wenn wir nie wieder Zeit hätten? Existierten wir denn dann gar nicht mehr? Gäbe es dann gar keine Zeit mehr für uns?

Wir wissen das alle und mehr oder weniger tief in uns verborgen spüren wir, dass es nicht gut ist, keine Zeit zu haben. Und unser Verstand weiß es auch. Aber er ist ein eifersüchtiger Herrscher, der uns nicht frei geben möchte, weil er denkt, dass freie Zeit – Zeit, potentiell außerhalb seiner Kontrolle – für ihn nicht gut, sondern sogar gefährlich ist. Und so lässt er uns Dinge tun, die er uns als Zeit für uns verkauft. Wir nehmen ihm das ab und sind beruhigt, dass wir uns anscheinend wieder einmal Zeit für uns geschaffen haben. In dieser ganzen Hektik, in der man sonst nie Zeit hat und sich selbst verliert! „Endlich wieder einmal Zeit für mich!“ denken wir dann und lesen ein Buch – oder werden kreativ. Und der Verstand freut sich, denn er hat uns wieder eingefangen. Hat uns wieder ein wenig unserer Zeit gestohlen. Hat uns wieder ein kleines Stück unseres Selbst entrissen und mit seinen Aktivitäten gefüllt. Er hat wieder eine Lücke geschlossen. Eine von den Zeitlücken in unserem Leben, die immer weniger werden und die ihm so gefährlich erscheinen, weil er sie nicht kontrollieren kann.

Ich: „Ich lebe nun schon seit einigen Jahren in unserem Waldhäuschen und ich langweile mich nie.“

Sie: „Klar! Geht mir genauso. Ich langweile mich auch nie. Irgendetwas gibt es immer zu tun!“

(Bedeutung: „Diese ganzen Leute, die mit ihrer Zeit nichts anzufangen wissen und sie vertrödeln oder sich in der Nase bohren! Das könnte mir nicht passieren! Ich habe immer etwas zu tun und verbringe meine Zeit sinnvoll! Da geht es mir wie Dir. Wenn es nichts zu tun gibt, dann suche ich mir eben etwas. Oder ich lese ein gutes Buch. Ich hänge jedenfalls nicht passiv in der Ecke rum. Und das ist etwas, das halte ich mir zu Gute. Gerade dann, wenn ich bei anderen Menschen das Gegenteil beobachte. Dieses tatenlose Rumgehänge ist mir zuwider.)

Ich: „Das meinte ich nicht. Ich meinte: Ich langweile mich nie, auch ohne etwas zu tun (zu haben).“

Sie: – – – „Nun ja.“

Zeit zu haben. Und sie einfach nur zu haben. In dieser Zeit, die einfach nur ist, da kommen wir wieder zu uns – oder besser: zu einem Teil von uns, der heutzutage keine Zeit mehr zur Verfügung gestellt bekommt. Im einfachen Nur-Sein. Wie die Zeit, so wir. Eine eigenartige Erfahrung, weil in der Zeit, die nur ist, der Verstand nicht existiert. Und das ist seine Angst. Das ist die Angst vor der Nichtexistenz, die er uns einflößt, damit wir nie Zeit ohne ihn verbringen. Damit wir nie Nur-Sein in Nur-Zeit sind. Damit wir niemals nur sind.Sondern damit wir allzeit in Auseinandersetzung – im Kampf! – mit dem Äußeren sind und in der Trennung unser Ego, unseren Verstand, seine Existenz erfahren und glauben, es wäre unsere. Denn sind wir nur – ohne unseren Verstand –, dann sind wir bei uns. Die Angst vor der Nichtexistenz, die der Verstand uns einflößt, betrifft nur ihn und nicht uns. Im Gegenteil: Löst er sich auf, dann beginnen wir erst richtig zu existieren.

Der Verstand darf aber beruhigt sein: In „Nur-Zeit“ können wir auch nicht ewig verweilen. Wir werden immer wieder zurückkehren in die Zeit, in welcher der aktive Verstand existiert. Nur müssen wir beide Zeiten kennen und in ihnen verweilen können. Der Verstand braucht keine Angst zu haben. Wir kehren immer wieder zu ihm zurück. Dann existiert er wieder und kann uns wieder aktiv werden lassen… Nur sollte es an uns liegen, ob wir Zeit oder keine Zeit haben, ob wir Zeit mit dem Verstand oder Zeit ohne ihn verbringen wollen. Wir entscheiden, wann er existiert und wann er sich auflösen soll. Dies ist nur nicht einfach, weil wir in einer Welt leben, die vom Verstand geschaffen wurde und von ihm kontrolliert wird. Systematisch wird in globalem Maßstab versucht, „Nur-Zeit“ abzuschaffen und uns mit deren Imitation namens „Zeit für uns“ abzuspeisen und ruhig zu stellen, damit für den Verstand nicht auch nur eine Nano-Sekunde unserer Zeit verloren geht.

Niemals darf der Schmerz uns leiten. Unser Handeln erwächst aus dem angstlosen Wissen um unsere Geborgenheit im Sinn, um unsere Beseeltheit und um die ewige Einheit von allem. Wir handeln immer in Liebe zu allem und jedem. Es existiert keine innere Trennung. Niemals darf der Schmerz allein uns leiten.

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