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Die Banken bedrohen die Menschen – und wir finden das völlig in Ordnung

Agatha (68) und ihr Mann wollten ein Haus kaufen. „Wir hatten letzte Woche ein Gespräch bei der Sparkasse.“ erzählt Agatha uns auf einem Spaziergang. „Die haben extra jemanden aus der Immobilienabteilung in unsere Filiale geschickt. Ein wirklich netter Mann. Der hat uns das erst einmal alles richtig erklärt. Man weiß so etwas sonst ja gar nicht. Er sagte, dass es mit unseren Renten gar kein Problem wäre auch 100.000,- € aufzunehmen. Das würde problemlos gehen. Nur müssten wir bedenken, was passiert, wenn einer von uns beiden pflegebedürftig würde oder stirbt. Das würde dann alles nicht mehr klappen und einer alleine könnte die Raten dann nicht mehr stemmen. 40.000 €, das wäre auch für einen noch machbar. Aber mehr nicht. Das muss man ja erst mal klar haben.“

„Und jetzt? Wollt Ihr noch eins kaufen?“ frage ich.

„Nein“ sagt Agatha, „Das haben wir dann auch gleich gesagt. Wir suchen jetzt lieber ein Haus zur Miete. – Aber ein wirklich netter Mann, dieser Mann von der Hauptstelle.“

Ein wirklich netter Mann… und Gespräch, wie es wohl täglich hundertfach in unseren Finanz-Tempeln statt findet. Agatha und ihr Mann fühlten sich nach dem Gespräch vom Mitarbeiter der Immobilienabteilung ihrer Sparkasse in erster Linie freundlich informiert. Sie werden nun Abstand von ihrem Projekt nehmen. Das Gespräch und dessen Ergebnis hat bei den beiden ein durchweg positives Gefühl hinterlassen.

Mein Gefühl war ein anderes, als ich ihnen beim Spaziergang zuhörte. ‚Würden sie darauf hingewiesen, dass dieser nette Mann von der Sparkasse sie eigentlich vor seinem Arbeitgeber gewarnt hat‘, so dachte ich, ‚dann würden sie nach ein wenig Überlegung dieser Aussage, zumindest prinzipiell, zustimmen.‘ „Eigentlich fühlen wir uns freundlich informiert. Gewarnt? Nun, man könnte es vielleicht auch so nennen. Obwohl das Wort dem Gespräch einen etwas negativen Aspekt verleihen würde…wir sind ja froh, dass er uns das alles deutlich gesagt hat.“ –Der nette Mann, der extra für sie aus der Zentrale angereist ist, hat Agatha und ihrem Mann die technischen Regeln des Systems erklärt. Er hat den beiden dargelegt, welche katastrophalen Konsequenzen es für ihr weiteres Leben nach sich ziehen könnte, wenn sie diese Regeln nicht berücksichtigten. Die Schlussfolgerung aus diesem Gespräch war für Agatha und ihren Mann, dass der Fehler ausschließlich bei ihnen selbst gelegen hätte, wenn einer von ihnen einsam oder mit einem pflegebedürftigen Partner wegen Zahlungsausfalles aus dem Haus getrieben und in Elend, Armut, Depression, Schmerz, Entwürdigung, Verzweiflung, Leid und Tod zurückgelassen worden wäre. Zu diesem Schluss kamen sie, weil sie glauben, der nette Sparkassenmitarbeiter hätte ihnen die hier und jetzt geltenden „Naturgesetze“ erklärt. Technisch und wissenschaftlich fundiert sozusagen. Wem ein Apfel auf den Kopf fällt, der hat ja auch selber Schuld. Hätte der Betroffene im Vorfeld das Naturgesetz der Schwerkraft bedacht, dem der fallende Apfel einfach gefolgt ist – ja, dem dieser unvermeidbar folgen musste – dann hätte jener den plötzlichen Schrecken und den Schmerz auf seinem Holzkopf vermeiden können, indem er sich einfach vorausschauend neben den Baum gestellt hätte. Ja, er hätte sich sogar dann bücken und den Apfel freudig aufheben und genussvoll ohne Reue verzehren können. Naturgesetze sind eben unabänderlich und wir müssen uns ihnen anpassen. Deswegen würde es doch ein unnötiges Gefühl der Angst und Bedrohung erzeugen, wenn wir uns vor diesen ewigen Gesetzen immer „gewarnt“ fühlen würden. Die Schwerkraft hält uns doch auch schön auf der Erde fest. Und wenn das mit den Hypothekenkrediten und den überall geltenden Finanzgesetzen auch so ist, so fühle ich mich wohler, wenn ich mich „informiert“ fühle und nicht „gewarnt“. Was nützt es mir denn, mal ehrlich gesagt, vor etwas unentrinnbaren – vor einem „Naturgesetz“ – gewarnt zu sein? Das erzeugt doch nur ein unnützes allgemeines Unwohlsein. Ich passe mich einfach an, so dass ich mein Leben in immerwährender Berücksichtigung dieser Gesetze lebe und, voilá, brauche ich keine Angst zu haben, weil ich es immer richtig machen werde. So, wie es das Naturgesetz von mir fordert. Hab ich es nicht ganz begriffen, nun, dann lasse ich mich von einem Wissenden freundlich darüber informieren, was mir bei Nichtbeachtung des Gesetzes blühen wird.

Nun ist es für den netten Mann aus der Immobilienabteilung natürlich bequem, vor Agatha und ihrem Mann von den Auswirkungen eines Naturgesetzes zu sprechen und diese emotional neutral, freundlich jovial, sachlich und ohne sich in irgendeiner Verantwortung zu befinden, dem Unwissenden darzubringen. Es ist einfach, denn einer Darstellung von Fakten, die sind wie sie sind, kann niemand widersprechen, noch könnte jemand auf die Idee kommen, dass ein Naturgesetz irgendwelche persönlichen oder niederen Motive haben könnte. Wer sollte denn so hirnrissig sein und zum Beispiel die Schwerkraft in Frage stellen?Na sicherlich keiner, der bei gesundem Verstand ist. Na also, sehen sie. Deshalb war es für Agatha und ihren Mann ein wirklich angenehmes Gespräch. Ein wenig Physikunterricht sozusagen. Abstrakt und ohne einen letzten Verantwortlichen, falls einmal der von der unvermeidlichen Schwerkraft gezogene Amboss herunterfiele und ihnen die Fußbrücke zertrümmerte. Außer ihnen selbst eben, denn sie hätten in diesem vorhersehbaren Fall ihren Fuß zur falschen Zeit an der falschen Stelle gehabt. Selbst Schuld eben.

Der nette Mann glaubte an dieses Naturgesetz. Oder zumindest wollte er vor der Masse der Menschen als jemand von gesundem Verstand gelten und gab deshalb seinen Glauben an dieses Gesetz zumindest sehr überzeugend vor. Lange Übung macht auch da den Meister… Wäre er frei in seiner Erkenntnis und von der Meinung des Systems und dessen Sanktionsmöglichkeiten gewesen, dann hätte er Agatha und ihren Mann vielleicht in ihrem Gespräch davor gewarnt, sich in die Hände eines unmenschlichen, seelenlosen und mittlerweile allgegenwärtigen und allmächtigen Systems zu begeben. Er hätte ihnne mitgeteilt, dass das schönste Gut das Risiko niemals aufwiegen könne, sich in die Hände eines Systems zu begeben, das so gnadenlos und kalt ist, aber vollständig akzeptiert und sogar noch hoch angesehen und hofiert wird in seiner unmenschlichen Vernichtungskraft. Vielleicht hätte er dann in etwa Folgendes bei diesem netten Gespräch in der Sparkassenfiliale gesagt: „Wenn sie Geld von uns nehmen, dann zahlen sie bis zum Ende. Sie haben sich und ihr Leben an unser Unternehmen verpfändet. Meine Kollegen in anderen Abteilungen werden sie ohne jede Gnade ausquetschen wie vertrocknete Zitronen, wenn sie nicht mehr zahlen können. Dies geschieht völlig unabhängig von den Gründen Ihrer Zahlungsunfähigkeit. Meine Kollegen werden Ihnen alles nehmen, was gesetzlich machbar ist. Und glauben Sie mir: Das ist eine Menge. Es ist fast alles. Denn wir stehen gut mit dem Gesetz. In einer Geldwelt gelten die Geldgesetze. Wir sind die Hohepriester des Geldes. Deswegen können wir nahezu alles tun. Sie werden also eine entseelte, entmenschlichte Nummer sein und alle Energie meiner Kollegen wird darin gesteckt werden, Ihre Schuld mit allen legalen Mitteln und seien sie noch so unmoralisch, aus Ihnen herauszupressen. Das ist das Einzige, was zählt. Es zählt nicht, dass wir in einer Gemeinschaft leben; es zählt nicht, dass wir bis dahin alle freundlich zueinander waren (beim Auspressen werden meine Kollegen immer noch freundlich zu Ihnen sein und Ihnen freundlich und anteilnehmend erklären, dass es nun einmal so ist, wie es ist und dass Sie alles verlieren werden); es zählt nicht, dass Sie alt sind. Es zählt nicht, dass Ihr Leben durch Krankheit oder Tod des Partner in Trümmer gefallen ist. Es zählt nicht Ihr Schmerz. Es zählt nicht Ihr Schicksal. Es zählt nicht Ihr Leben. Es zählt nur Ihr GELD. Und dass dieses GELD zu uns fließt. Ob dieses Geld transformiertes Blut ist, das ist dabei nicht von Bedeutung. Ihre totale Vernichtung wird in Kauf genommen. Ja, sie ist eigentlich die letzte Konsequenz, denn wenn Sie uns mehr schulden, als Sie haben, dann bleibt natürlich nichts mehr von Ihnen übrig, wenn wir mit Ihnen fertig sind. Sie bleiben eigentlich sogar noch nach Ihrer menschlichen und gesellschaftlichen Vernichtung in unserer Schuld.

Meine Kollegen tun dies dann nicht, weil sie es unbedingt wollen würden. Sie haben auch Eltern und Großeltern, die sie lieben und denen sie so etwas nie wünschen würden. Trotzdem werden sie zu Ihrer Vernichtung beitragen. Sie werden diese akribisch Paragraph für Paragraph vollstrecken, um an Ihr Letztes zu kommen. Sie werden dies tun, weil sie es für ein Naturgesetz halten, dem sich niemand widersetzen kann und dem Sie beide nun eben – aus eigener Schuld – zum Opfer gefallen sind. Ganz unpersönlich. Niemand ist schuld an dem Naturgesetz, dem sie alle folgen. Genauso, wie alle anderen draußen es auch denken. Meine Kollegen und die Anwälte werden sagen: „Wieso? Es ist so, wie es ist. Es ist das Gesetz. Was soll ich anderes machen? Sie sind diesem Gesetz unterworfen. Dies sind die Konsequenzen daraus. Wie sollte es anders sein? Es ist gut so. Ich würde auch gerne fliegen. Aber die Physik lässt es nicht zu. Die Beiden wollten eben auch fliegen. Sie haben nur das Naturgesetz nicht bedacht. An ihrem Absturz sind sie doch selber Schuld. Sie wollten wohl zu hoch hinaus. Ihre Vernichtung steht im Gesetz.“ Aber in Wirklichkeit ist es kein Naturgesetz. Es ist Seelenferne auf höchstem Niveau. Es ist das Produkt einer Welt, die sich selbst materialistisch nennt. Materialismus bedeutet im Umkehrschluss: „Für uns existiert keine Seele.“ Die daraus folgende Konsequenz habe ich Ihnen gerade dargestellt. Also seien Sie gewarnt vor diesem seelenfernen Unwesen. Es ist kein Naturgesetz. Seine Gültigkeit ist nicht überall und sie ist nicht ewig, auch wenn sich alle vor ihm beugen wie vor einer ewigen göttlichen Kraft. Weichen sie diesem Unwesen und uns, ihren Vollstreckern in der netten, freundlichen, unschuldigen und unwissenden Maske, aus. Es geht. Retten Sie sich. Machen Sie keinen Fehler. Lassen Sie sich nicht verführen und blenden. Sie können diesem Unwesen die Macht über Sie nehmen. Es ist kein Naturgesetz! Es ist im Gegenteil im höchsten Maße unnatürlich. Es ist das, woran die Menschen bei uns zerbrechen. Es ist die Seelenferne diesen Unwesens, an der die Menschen zerbrechen und die viele von uns zu zerbrochenen Unmenschen macht.“ – – – Das hätte er zum Beispiel sagen können. Aber es war gut, dass der Sparkassenmann nicht so zu Agatha und ihrem Mann gesprochen hat. Agatha und ihr Mann hätten außer Angst und Unwohlsein dadurch nichts erhalten. Diese Art der Information hätte von ihnen nicht mehr in ihr Leben integriert werden können. So waren die Worte des netten Mannes, der sie vielleicht selber glaubte, besser für sie.

Er hat ihnen von der Kreditaufnahme abgeraten. Ob dies nun durch die Information über das verhängnisvolle Wirken eines Naturgesetzes geschehen ist oder durch eine Warnung vor einem seelenfernen Unwesen, scheint mir in diesem Fall erst einmal zweitrangig. Vielleicht hatten die Beiden auch nur Glück, weil dem netten Mann für eine Kreditabschluss mit den beiden keine ausreichende Prämie in Aussicht gestellt worden war, die ihn gezwungen hätte, die beiden durch eine Unterschrift ins Verderben zu reißen. Wie es auch sei: Agatha und ihr Mann konnten noch einmal entwischen. Und das mit einem durchweg positiven Gefühl… Nur im Großen und Ganzen sollte sich jeder von der Vorstellung, der Materialismus und das Zinssystem seien Naturgesetze verabschieden und die Augen öffnen und dem alles zerreißenden Unwesen in sein grauenvolles Gesicht schauen. „Das gefährdet dann aber den WOHLSTAND unseres Volkes!!!!“, werden welche, die es glauben und welche, die von diesem System leben und es besser wissen, schreien. Aber WOHLSTAND bedeutet für sie Überfluss an Dingen. Niemand braucht Überfluss an Dingen, wenn er sich dadurch der Bestie zum Fraß ausliefert. Das Genug-Haben bringt uns in die Ruhe und die Kraft. Und vielleicht schaffen wir es dadurch, der Bestie, die die Welt bis in ihren letzten Winkel beherrscht eine zeitlang zu entkommen. Denn diese Bestie will niemanden, der sich mit dem Genug bescheidet. So jemand gefährdet ARBEITSPLÄTZE, WETTBEWERBSFÄHIGKEIT und – natürlich – den WOHLSTAND! Er gefährdet die BESTIE. Das kann sie nicht dulden. Also Obacht!

Niemals darf der Schmerz uns leiten. Unser Handeln erwächst aus dem angstlosen Wissen um unsere Geborgenheit im Sinn, um unsere Beseeltheit und um die ewige Einheit von allem. Wir handeln immer in Liebe zu allem und jedem. Es existiert keine innere Trennung. Niemals darf der Schmerz allein uns leiten.

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