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Langeweile?! – Juli II

Was ist denn DAS jetzt? Ich fühle doch nicht etwa gerade – Langeweile!? – Wann habe ich das denn das letzte mal gefühlt? Es muss lange her sein. Mehr als ein Jahrzehnt würde ich sagen…

Und jetzt ist er da. Dieser Wunsch, diesen „Acker“ endlich mal zu verlassen. Irgendwohin zu gehen. Irgendetwas zu sehen. Unzufriedenheit tastet sich heran. Unruhe. Ungehaltenheit, wenn Charlotte immer wieder beruflich für andere einspringt und wir bei unseren Vorhaben nicht weiter kommen. Wenn wir nicht planen können. – Vorhaben, die wir auch in einer Woche in Angriff nehmen könnten. Oder in zwei Monaten. Manche vielleicht auch gar nicht.

So ist das dann wohl. Stelle ich nun fest. Vier Wochen lang musste ich begrenzen. Vier Wochen lang musste ich ein maximal entfesseltes Ego begrenzen. Ein Kleinkind-Bewusstsein, das im Zuge des Wachstums die Fähigkeiten entwickelte, seinen Egoismus auch zunehmend mit körperlicher und mentaler, analytischer Kraft durchsetzen zu können. Ich musste es daran hindern, ins uferlose zu wachsen, alles an sich zu reißen und in seinem reinen Ich-Bezug alle und alles ins Chaos zu zerren. Es hindern, zu zerstören. Es hindern, zu verletzen. Es lehren, Ruhe zu finden. Es lehren, Ruhe erst einmal überhaupt zu erkennen. Es lehren, zu erkennen, dass Ruhe notwendig zum Leben ist. Vier Wochen lang überwiegend (nicht immer) in den fünf Sinnen mit einem Wesen, das immer stärker und größer wurde und das destruktive und zermürbende Aktivität scheinbar aus der leeren Luft herbeizaubern konnte. Nahezu ohne Unterlass. Vier Wochen, die wenig Frieden für mich beinhalteten und in denen ich meine männliche Energie, meine begrenzende Energie in gesteigertem Maße einsetzen musste. In denen ich diesem Wesen im maximalen Ego-Bewusstsein, mangels eines anderen Zugangs, meinen Willen erst einmalaufzwingen musste. Diesem Wesen namens Juli. Dem unbegrenzten, ponygroßen Junghund, der seinen Weg zu uns gefunden hatte.

Nun zeigt sich die Wirkung. Juli hat erkannt, dass sie nicht alleine auf der Welt ist. Hat erkannt, dass sie Rücksicht zu nehmen hat. Hat erkannt, wie gut es tut, in einer sicheren Gemeinschaft geborgen zu sein. Wie gut es tut, abgeben zu können. Wie wohltuend Ruhen ist. Wie schön gemeinsames Schwingen sein kann. Das Ego ist in ihrem Bewusstsein nun begrenzt und gibt Raum für Erfahrungen der Geborgenheit.

Und so stehe aber ich nun da, stelle ich amüsiert fest. Ich, mit meinem ausgefahrenen Ego, meiner materiellen Durchsetzungskraft, und es ist noch so aktiv. Die fünf Sinne sind noch so geschärft vom Kampf. Und jetzt ist da plötzlich nichts mehr zu tun. Und da ist sie dann: Die Unruhe, die Ungehaltenheit, der Unfrieden, die Unzufriedenheit. Die nagende Langeweile. Das ist der Punkt von jeher, an dem die Männer (besser: die vom Verstand dominierten Bewusstseine) auszogen. Ihren Ort verließen um Neues zu sehen, um ihren Schmerz zu tilgen durch die Vereinnahmung der Welt. Durch Hören, Sehen, Riechen, Schmecken, Fühlen und, ja, und durch die TAT. Denn was gibt es im materiellen Bewusstseinszustand anderes zu tun, als etwas zu tun? Und so taten sie. Und da dort draußen nicht anderes war als die Welt, taten sie an der Welt. Und da sie nur im Ego waren, hatten sie nur Schmerz, denn der ist der Grund für ihre Unruhe, ihren Unfrieden, er ist es, der sie raus aus ihren Heimen, fort von ihren Geborgenheit spendenden Herdstellen zwang. Und so war für sie die Welt, da nichts da war außer ihr, Schuld an ihrem Schmerz. Und so taten sie der Welt das an, was wir nun sehen. Und wenn sie sich gegenseitig trafen, dann taten sie es auch sich gegenseitig an. Denn nun war da noch ein anderer Schuldiger für den eigenen Schmerz. Und alles Hören, Sehen, Riechen, Schmecken und Fühlen wurde immer wieder so fade und der Schmerz kam immer wieder und es brauchte immer neue Schuldige und das Auge fand sie und der Finger zeigte auf sie und der Verstand vernichtete sie. Und nie, nie war der Schmerz danach getilgt…

Und so stehe ich nun da an unserer Grundstücksgrenze und schaue über den Zaun. Und erkenne, dass da nichts ist, was ich mit meinem Ego erfahren müsste. Mein Ego lässt wieder Raum in meinem Bewusstsein für das seelische Wissen. Nun weiß ich wieder, dass alles ist, wie es ist. Nun kann ich zu Juli gehen und mit ihr in ihrem neuen und in meinem wiedererlangten Frieden sein. Und wenn wir nach draußen gehen, dann nicht aus Langeweile. Nein, das werden wir nicht. Wenn wir nach draußen gehen, dann in tiefstem inneren Frieden. Nicht auf der Suche nach Schuldigen oder Erlösung. In Liebe und dem Wissen um die Einheit werden wir gehen. Nur so darf der Mensch seine Herdstellen verlassen…

Niemals darf der Schmerz uns leiten. Unser Handeln erwächst aus dem angstlosen Wissen um unsere Geborgenheit im Sinn, um unsere Beseeltheit und um die ewige Einheit von allem. Wir handeln immer in Liebe zu allem und jedem. Es existiert keine innere Trennung. Niemals darf der Schmerz allein uns leiten.

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