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Willens und in der Lage sein

„Der Käufer ist Willens und in der Lage, den Kaufpreis zu entrichten.“ Das stand einmal – unter anderem – in einem Kaufvertrag, den ich unterschreiben wollte. „Willens und in der Lage“. Bei dem Begriff musste ich stutzen. War es nicht Willensbezeugung genug, dass ich dort saß und den Vertrag unterschreiben wollte? Und sollte dann nicht davon ausgegangen werden, dass ich dann auch „in der Lage“ bin, den Kaufpreis zu entrichten, dass ich „in der Lage“ bin, über die geforderten Ressourcen zu verfügen? Sollte man nicht nur Willens sein, wenn man auch in der Lage zur Umsetzung des Willens ist? Scheinbar nicht. Deshalb musste es noch einmal in Schriftform festgehalten werden. Ich war damals wohl etwas naiv.

„Willens und in der Lage“. Eine Formulierung, die ich mir gemerkt habe. Über 10 Jahre lang spukt dieser Begriff immer wieder in meinem Kopf herum… Warum?

Ich habe – mittlerweile dann doch – festgestellt, dass viele Menschen „Willens“ sind, aber durch die Umstände oft nicht „in der Lage“. Beim Verbrechen freuen wir uns, wenn der potentielle Täter durch die Polizei an seiner Straftat gehindert wird. Wenn er seinen Willen nicht in die Tat umsetzen kann. Es ist gut, wenn er nicht über die notwendigen Ressourcen verfügt, um seinen Willen durchzusetzen.

Aber es gibt auch noch eine andere Seite. Meine Frau und ich wir arbeiten verhältnismäßig wenig. Warum? Weil wir Willens sind, unseren Mitmenschen zu dienen. Nicht (nur) durch arbeiten und steuern zahlen einer abstrakten Gemeinschaft im Materialismus, sondern durch direkte Tat am „Nächsten“ sozusagen (um diesen eher christlichen Begriff einmal zu verwenden. So ganz falsch ist er ja nicht), direkt am Menschsein sozusagen. Und wie in dem Vertrag, den ich vor 10 Jahren unterschrieben habe, reicht es nicht aus, „Willens“ zu sein. Nein, man muss auch „in der Lage“ dazu sein. Und so, wie in dem damaligen Vertrag die Ressource, die ich benötigte, frei verfügbares Geld war, so ist sie in unserem jetzigen Fall frei verfügbare Zeit. Zeit also, in der ich nicht Geld erwerbe, die ich nicht mit dem Weg von und zur Arbeit verbringe, die ich nicht erschöpft zuhause sitze, die ich nicht mit Ablenkung verbringe und die ich nicht schlafe. Und das ist die andere Seite, die ich weiter oben erwähnte: Der Mensch hat im Allgemeinen diese Ressource, genannt frei verfügbare Zeit, kaum noch. Wie soll er da, selbst wenn er Willens wäre, seinen Mitmenschen dienen, sie unterstützen, ihnen Gutes tun, bei ihnen sein und so einen wirklichen Dienst an der Gesellschaft leisten?

Wir haben uns entschieden bzw. es hat sich für uns entschieden, dass wir dazu in der Lage sein wollen (eher vielleicht sogar müssen). Und selbst, wenn wir wenig Geld haben, so macht es uns glücklich, auch die anderen glücklich(er) zu sehen. Wenn wir ihnen unsere Zeit schenken können. Beim Einkauf, beim Reden, in der Krankheit, …beim Sterben. Wir können immer da sein. Es gibt für uns kein „Da habe ich jetzt leider keine Zeit für!“ Tag und Nacht. Und auch fast egal wo. Man kann ja hinfahren. Helfen darf man ja auch in diesen Zeiten noch.

Die Rente wird klein sein. Okay. Aber wir brauchen ja kaum etwas. Ewig Leben ist auch nicht unser Ziel… Und so hat sich mir mit den Jahren gezeigt, was „Willens und in der Lage sein“ für uns wirklich bedeutet und welche Ressource wir dafür benötigen. Und wie wir – und jeder andere ebenfalls – sie erlangen können…

Niemals darf der Schmerz uns leiten. Unser Handeln erwächst aus dem angstlosen Wissen um unsere Geborgenheit im Sinn, um unsere Beseeltheit und um die ewige Einheit von allem. Wir handeln immer in Liebe zu allem und jedem. Es existiert keine innere Trennung. Niemals darf der Schmerz allein uns leiten.

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