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…Das Leben ist wie ein Kinobesuch… Eine Gesellschaft im Double Binding

Das Leben ist wie ein Kinobesuch. Erst am Ende des Films weißt Du, ob sichs gelohnt hat oder nicht. Wenn Du das Kino dann verlässt, dann ist es aber auch das schon wieder egal. Der einzige Unterschied ist, dass man fürs Leben keinen Eintritt zahlen muss….

Das habe ich einmal vor vielleicht 25 oder 30 Jahren geschrieben. Als ziemlich junger Mann. Aufgewachsen und geprägt im kapitalistischen Materialismus. Carpe-Diem-Nihilismus. Das war es, was dieses System mich und auch andere gelehrt hat. Nicht viel irgendwie. Wir gingen möglichst gelassen durch die Instanzen, die vom System für uns vorgesehen waren – Schule. Studium, Ausbildung. Job…- machten das Beste draus und waren uns der Absurdität der menschlichen Existenz bewusst. Es blieb uns ja nichts übrig. Es war ja so wenig, was der Materialismus uns lehren wollte. Andere, die sich diese eigentliche Botschaft des Materialismus, die Absurdität der Existenz, nicht bewusstmachen wollten oder konnten, gingen einen anderen Weg. Sie verdrängten, dass sie das Kino einmal verlassen mussten und der Film dann endgültig und unwiederbringlich gelaufen war. Ihr Weg war die Hingabe an das System und die Anerkennung des vorgespiegelten Sinns in der Selbstverwirklichung und so weiter. Schauen wir uns um. Da muss ich nichts weiter ausführen.

Jetzt weiß ich mittlerweile, dass es viel viel mehr gibt, als der Materialismus in seiner Doktrin zu erkennen in der Lage ist. Aber damals schon war ich immer wieder erstaunt, mit welcher Verbissenheit und und welchem Energieaufwand (und auch schädlich für sich und andere) der Mensch im materialistischen Kapitalismus – und damals auch noch – materialistischen Kommunismus bzw. Sozialismus, seinen Weg hin auf das endgültige Ende seiner Existenz nahm. Und eigentlich auch im Hinblick auf die Vergänglichkeit von allem. Vom Universum. Von der Materie selbst. Wie es ja der Materialismus in seinen Wissenschaften lehrt.

Irgendwann las ich etwas über eine psychologische Theorie. Die sogenannte Doppelbindungs-Theorie. Diese Theorie befasst sich mit einer bestimmten Situation, in der ein Mensch bestimmten Botschaften ausgesetzt ist. Der Adressat der Botschaft, der Mensch, erhält darin zwei gegensätzliche zwingende Handlungsanweisungen, deren paradoxen Charakter er nicht auflösen kann und deren Missachtung jeweils bestraft wird. Er kann sich dieser Situation nicht entziehen und er darf das Paradox nicht ansprechen. Diese widersprüchlichen und mit Sanktionen belegten Botschaften können auch nonverbal kommuniziert werden. Sie sind oft unterschwellig und bewusst gar nicht durch den Betroffenen zu benennen.

Als ich das gelesen hatte, da fragte ich mich: Wie lauten denn eigentlich die Botschaften in unserer materialistischen kapitalistischen Konsumgesellschaft?

Vielleicht so:

Liebe Deinen Nächsten, aber wisse, dass Liebe nur ein biochemischer Vorgang ist.

Empfinde Identität, aber wisse, dass Du nur eine biochemische Maschine bist, die auf Überleben und Reproduktion geeicht ist.

Führe ein produktives und glückliches Leben, aber wisse, dass es vergeblich ist und mit Deinem Tode enden wird.

Wisse, dass alles, was Deine Welt ausmacht, irgendwann vergehen wird, aber schätze diese Materie höher als alles andere. Sei in dieser Haltung sinnerfüllt und nimm alle Mühen und Schmerzen dafür auf Dich.

Irgendwie widersprüchlich…. Schwer umzusetzen irgendwie… und es gibt noch einige mehr…

Ich denke, der Mensch kann sich diesen sich widersprechenden Geboten (in der Regel) nicht entziehen, weil er durch Normen – und eigentlich auch schon rein wirtschaftlich – gezwungen ist, in der diese Gebote postulierenden Gesellschaft zu verharren.

Durch die soziale Kontrolle und den Druck der geltenden Normen ist er ebenfalls nicht in der Lage, sich für eine Wahrnehmungs-Alternative entscheiden zu dürfen. Auch darf der Widerspruch in den Geboten von ihm – in den aller meisten Fällen und gesellschaftlichen Situationen – nicht angesprochen oder geklärt werden: „Meine Güte, was macht der sich wieder für Gedanken! Soll mal lieber arbeiten gehen. Das versteht doch kein Mensch, was der da sagt!“ oder so ähnlich in diesem Sinne.

Der Mensch hat nun die Wahl (oder die meisten eben nicht), entweder seine angebliche Existenz als materielle Biomaschine mit vorprogrammiertem Verfallsdatum anzuerkennen oder eine etwas erweiterte Wahrnehmung seiner Existenz – über den materiellen, unbestreitbar vergänglichen Aspekt unserer Existenz hinaus – anzustreben, um eben in wirklichem Glück und Sinn leben zu können.

Im ersteren Fall folgt irgendwann wahrscheinlich die Depression. Aber diese Art, einfach auszusteigen, ist nicht erlaubt. Der Mensch gilt dann als krank, schwach und – das Schlimmste: – als nicht belastbar und nicht leistungsfähig. Also verdrängt er besser seine Hilflosigkeit und Verzweiflung, zensiert sich selbst und andere (s.o.: „…Das versteht doch kein Mensch, was der da sagt!“) und tut wie man ihm sagt: er arbeitet und konsumiert.

Würde er die zweite Möglichkeit wählen, dann wäre er auch kein Teil mehr des konsum- und materiefokussierten Geschehens, sondern würde sich ewigen Wahrheiten zuwenden müssen. Dieser Ausstieg ist ebenfalls sanktioniert. Dieser Mensch gilt dann als nonkonformer Träumer oder vielleicht auch als gefährlicher Spinner oder so. Jedenfalls nicht mehr so richtig der „Wertegemeinschaft“ angehörig. Und eigentlich auch als irgendwie krank… Da machen dann viele auch bereits kehrt oder begnügen sich mit Kompromissen – und reihen sich wieder schweigend ein….

Wer versucht, diesen Widerspruch überhaupt erst einmal zu thematisieren (selbst vor sich selbst), wird in der Regel scheitern, da es unausgesprochener Konsens ist, in diesem Widerspruch einfach zu verharren.

In diesem zum Zerreißen gespannten Zustand sind die Menschen aufgefordert, glücklich zu sein, denn besser kann es ihnen doch eigentlich nicht gehen. Nur wer sie sind, wer sie wirklich sind und wie ihr Leben in natürlicher Harmonie, ganz ohne ihnen vom materialistischen Kapitalismus aufgezwungene zermürbende paradoxe Zwangsforderungen, wäre, das werden sie so wahrscheinlich nicht erfahren….

Versuche an Hunden haben übrigens gezeigt, dass es drei Handlungsalternativen gibt, wenn jemand dauerhaft einer solchen Situation mit paradoxen, nicht aufzulösenden und sanktionierten Geboten ausgesetzt ist (sie folgen hintereinander ab): Angst, Aggression und dann Apathie.

Das kennt man doch vielleicht irgendwoher….

Niemals darf der Schmerz uns leiten. Unser Handeln erwächst aus dem angstlosen Wissen um unsere Geborgenheit im Sinn, um unsere Beseeltheit und um die ewige Einheit von allem. Wir handeln immer in Liebe zu allem und jedem. Es existiert keine innere Trennung. Niemals darf der Schmerz allein uns leiten.

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