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Immunisierungsstrategien machen den Verstand rasend

Gott ist „die absolute-relative, diesseitig-jenseitige, transzendente-immanente, allesumgreifend-allesdurchwaltende wirklichste Wirklichkeit im Herzen der Dinge, im Menschen, in der Menschheitsgeschichte, in der Welt.“, schreibt Hans Küng in seinem Buch „Existiert Gott?“. Ich habe diesen Satz aber nicht in seinem Buch gelesen, sondern in einem Artikel über sogenannte „Immunisierungsstrategien“. Dort wurde er als Beispiel für eine solche Strategie angeführt. „Immunisierungsstrategie“ ist ein wissenschaftlich-philosophischer Begriff, mit dem Aussagen belegt werden, die nach Ansicht der Wissenschaft und Philosophie mit Absicht so vage, allgemeingültig und unbestimmt formuliert sind, dass sie sich jeglicher kritischen Auseinandersetzung und Widerlegbarkeit entziehen.

Der Religions- und Rechtsphilosoph Norbert Hörster kritisiert diese Küng’sche Gottesdefinition als eine sich selbst zurechtdefinierte Leerformel und entgegnet darauf mit einer spürbaren Süffisanz:

So verschwommen, vielsagend und damit nichtssagend lässt sich das Wort ,Gott‘ natürlich auch verstehen.“

Nach Lesen dieses Artikels wurde mir wieder schmerzhaft bewusst, dass es der Philosophie und der Wissenschaft als Instrumenten des Verstandes wirklich nicht gelingen kann, Wissen über die Seele zu erlangen.

Die von Herrn Küng formulierte Gottesdefinition postuliert die Einheit. Diese Wahrnehmung der Einheit beruht auf der Wahrnehmung seiner Seele. Sie beruht auf der Wahrnehmung der Ewigkeit und der Unendlichkeit. Auf der Wahrnehmung einer Abwesenheit von Trennung. Und genau das sind die Punkte, an denen Wissenschaft und Philosophie mit ihren materiellen Methoden scheitern: Sie unterstellen Herrn Küng eine „Strategie“ mit der er seine „Theorie“ „gegen“ „Angriffe“ von „Außen“ „absichern“ „will“. Sie unterstellen Herrn Küng also, dass sein Ego mit all dem ihm zur Verfügung stehenden Verstandesmethoden von Angriff und Verteidigung, von Tricks und Gegentricks, von Trennung und Vereinigung mit dem Ziel, einen Kampf zu gewinnen – nämlich durch bewusst vages Formulieren Recht zu behalten -, an der Formulierung seiner Gottesdefinition beteiligt war. Sie begreifen nicht, dass es nicht die Taktik einer Strategie ist, die sie daran scheitern lässt, ihre Hebel des Trennens (denn nichts anderes ist der Wunsch nach kritischer Auseinandersetzung: Bekämpfen, Recht haben, verleumden, beharren,… negieren. Vernichten…) anzusetzen, sondern dass es der Ursprung von Herrn Küngs Aussage ist, der ihnen mit ihren trennenden Methoden keine Handhabe geben kann. Wo Einheit herrscht, da kann nichts getrennt werden. Dort kann auch nichts bewiesen werden und wer nicht mit seiner Seele wahrnimmt, der kann es nicht erfahren. So ist es verständlich, dass der Verstand sich immer wieder auf sich selbst referenziert und so nie darüber hinaus kommt, sich in solchen Fällen in kriegerischer – strategischer – und bewusster Absicht von einem anderen Verstand ausgebootet zu fühlen.

„Leerformel“ ist ein guter Begriff. Für die Seele ist Leere alles, weil dort alles eins ist. Für das Ego ist es ein Schimpfwort, weil die Leere nicht zu trennen ist und sie ihm durch ihre Größe so grauenvolle Angst macht. Das Ego erkennt – gefangen in seinem feindseligen Reflex – in Aussagen über die Einheit nur einen Trick. Den Versuch der Abwehr, der Dominanz. Der Entwaffnung und der Hilflosigmachung. Ohnmacht. Handlungsunfähigkeit durch die Unmöglichmachung von Trennung. Den eigenen Tod. Es ist ihm nicht möglich die Existenz der Einheit als ein ihm nicht zugängliches Konzept der Wirklichkeit anzunehmen, sondern fühlt sich stattdessen herausgefordert und bekämpft.

Um noch einmal auf Herrn Hörsters kritischen Satz einzugehen: „Vielsagend“ ist nicht „Nichtssagend“. Vielsagend ergreift durchaus Partei und trennt, wenn es auch vielleicht sehr sehr viel – aber eben nicht alles – auf sich vereint. „Allessagend“ trifft die Definition von Herrn Küng besser und das ist in der Tat „Nichtssagend“, weil es alles vereint. Aus Sicht der Seele ist im Hinblick darauf, dass das Reden durch den Verstand vollzogen wird, eine Beurteilung als „Nichts-Sagend“ ein positives Prädikat. Hinter den Worten, hinter den Gedanken, sozusagen…

Niemals darf der Schmerz uns leiten. Unser Handeln erwächst aus dem angstlosen Wissen um unsere Geborgenheit im Sinn, um unsere Beseeltheit und um die ewige Einheit von allem. Wir handeln immer in Liebe zu allem und jedem. Es existiert keine innere Trennung. Niemals darf der Schmerz allein uns leiten.

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