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Es ist eine Zeit, die an ihr Ende kommt

Wenn das Leid in den Menschen zu groß wird, dann richtet sich die Suche nach den Verursachern nach Außen. Es wird gesucht und gesucht – und gefunden. Wenn es auch nur ein Mensch auf der gleichen Gehwegseite ist. Oder das Wetter (egal, ob Sonne oder Regen). Oder jemand, der Veilchen mehr mag als Rosen. Egal. Die Wut hat dann ihr Ziel und es kann aus nichtigsten Begründungen gehasst werden. Das Leid hat ein scheinbares Ventil.

Simone ist nach Spanien geflüchtet. Lebt dort. Und hasst vor Ort die dort lebenden Engländer, Holländer, Deutschen, die Touristen, die Radfahrer und das spanische Wetter im Winter.

Mit mir lässt sich schlecht hassen. Das ist auf Dauer schwierig für Menschen, die ganz, ganz tief im Leid sind. Ich kann ihnen nicht dabei helfen, ihr Leid auf andere Menschen oder Umstände zu werfen. Ein paar Tage können sie sich in der Regel zusammen nehmen, aber dann werden sie unruhig. Dann muss der Stau des Leids wieder in Wut auf das Außen aufgelöst werden.

Beim Wetter mache ich noch mit. Unter 20 Grad und nur Heiter bis Wolkig: das ist nicht das gebuchte spanische Wetter. Da kann Simone Dampf ablassen, leiden… Und dann wieder ruhiger werden. Das Leid musste irgendwohin.

Aber dann: Plötzlich. Plötzlich volle Sonne und 30 Grad. Simones Idealwetter. Und ihre Stimmung: auf dem Tiefpunkt. Volle depressive Reizbarkeit. Nun ist nichts mehr in Ordnung. Das einzige Ventil für ihr Leid ist gegangen. Das Wetter ist top.

Jetzt muss ich vorsichtig sein. Schaue ich auf die Uhr? Warum? Gehe ich etwas früher zu Bett. Warum? Meinungen äußere ich jetzt so wenige wie möglich. Sonst bin ich es, der gelyncht wird. Und wenn es alleine dafür ist, dass ich positiv neutral bleibe, freundschaftlich und nicht auf Simones Wut einsteige.

Simone entwickelt eine solche alles hassende Aura um sich, dass sie stürzt und sich die Hüfte bricht. Kurz vorher hatte sie in ihrem Mercedes eine Gruppe von Radfahrern zusammengehupt und -geschrien, weil sie ihrer Ansicht nach nicht vernünftig auf der Straße gefahren sind. Wer schon einmal ungeschützt und unerwartet von einem Mercedes angehupt worden ist, der weiß, was akustischer Hass ist. Da bleibt das Herz stehen. Das geht durch Mark und Bein.
Letztes Jahr war es bei Simone der Rücken. Ein Jahr lang war sie außer Gefecht.

Simone ist ein sehr sensibler Mensch. Fertig gemacht im gnadenlosen Materialismus. Am Ende mit der Welt und sich. In einer Minute, in der sie ihr Spiel auf mich ausweiten will, spreche ich alles offen an. Es herrscht viel Verneinung und Ablehnung. Aber es hilft. Ich bitte um Vertrauen. Und der Mensch in Simone kann sich wieder zeigen. Bemüht sich, die Wahrnehmung der Welt zu verändern. Sich nicht mehr vom Leid das Leben wegnehmen zu lassen.

Ich hoffe, es hat Bestand und hilft ihr, das Leid hinter sich zu lassen.

So viel Leid in den Menschen. Und alle wenden ihre Wut und Hass nach außen. In Gruppen, in Staaten. Überall ist der Mensch und überall ist es gleich, wenn er einsam und verloren ist. Und die Medien füttern und füttern die Menschen mit Leid und Angst… Sind ja auch menschengemacht.

Es ist eine Zeit, die an ihr Ende kommt. Wenn alle so in ihrem wahnhaften Leid stecken, dass alles, was wahrnehmbar ist, gleichzeitig hassenswert ist, dann kann hier nichts mehr bestehen.

Katja zum Beispiel hasst die Sonne. Und den Regen und den Schnee. Und die Hitze. Und die Kälte. Sie kann immer hassen. Sehr praktisch. „Kann es nicht immer leicht bewölkt und 20 Grad sein?“ fragt sie. Die paradiesische Mitte. Alles lau. Nichts reibt dann mehr an dem wunden Sein. Und wäre sie da, die paradiesische Mitte: nichts anderes dürfte mehr da sein, was sonst noch an Katja reiben könnte. Und wäre nichts mehr da, dann wäre immer noch der eigene Verstand da. Der Produzent und Nutznießer des Leides.

Es gibt so keine Hoffnung. Nur der Bewusstseinswandel hin zu seelischer Wahrnehmung der Welt kann den Menschen retten… Weniger Verstand, mehr seelisches Wissen vom Sinn.

Niemals darf der Schmerz uns leiten. Unser Handeln erwächst aus dem angstlosen Wissen um unsere Geborgenheit im Sinn, um unsere Beseeltheit und um die ewige Einheit von allem. Wir handeln immer in Liebe zu allem und jedem. Es existiert keine innere Trennung. Niemals darf der Schmerz allein uns leiten.

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