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Der Verstand kapert das Bewusstsein und suggeriert seelisches Empfinden – das große Problem in Bezug auf seelische Entwicklung

Deborah – in „I never promised you a rosegarden“ – wurde durch eine Operation im Alter von 10 Jahren teilweise entseelt. Der Schock der OP und das unehrliche und täuschende Verhalten der Ärzte hat einen solchen Schmerz ausgelöst, dass ihr Bewusstsein fast vom Ego überflutet worden wäre. Die Welt wurde grau, zweidimensional. So tot, wie sie dem reinen Ego erscheint. In den Sommercamps, in denen sie als Jüdin ein paar Jahre später gemobbt wurde, zeigten sich ihr als jungem Menschen erstmals ihre seelischen Helfer in Form von Engeln, Göttern und dem Land Yr.

Der scheinbare Wandel, den diese Kräfte später von helfenden Wesen zu angsterfüllten und bedrohlichen Tyrannen durchmachten, ist eigentlich kein Wandel der Wesen selbst gewesen. Es war ein Wandel, der sich in Deborahs Bewusstsein vollzogen hat. Durch ihre Lebensumstände als Jüdin unter etablierten Protestanten und den Großvater, der ihr Bewusstsein auf Härte, Scharfzüngigkeit, Stolz und Zorn – elementare Eigenschaften des Egos – geprägt hatte, wuchs die Kraft des Egos in ihr und kaperte irgendwann die Wahrnehmung des Bewusstseins vom seelischen Yr und seinen Wesen. Es überflutete das Bewusstsein und nutzte die Bilder dieser seelischen Welt für seine eigenen angstvollen Zwecke. Das angstvolle Ego erkannte im seelischen Yr eine wundervolle „Konstruktion“, in die es sich trefflich zurückziehen ließ. Nur ist das wirkliche Yr ein wahrer und heilender Rückzugsraum in der seelischen Welt der Einheit. Ein Raum, der ausgleichen, der Schmerz auflösen konnte. Das Yr des Egos hingegen wurde zu einem Rückzugsraum von Angst in noch größere Angst. Ein Raum des Egos in sich selbst. Eine fadenscheinige Kopie der seelischen Wahrheit, wie sie es immer ist, wenn das Ego seelische Aspekte zu kopieren versucht. Das wahre Yr wurde von Deborahs Bewusstsein nicht mehr wahrgenommen. Ein Taschenspielertrick, der es so erscheinen ließ, als wenn die Wesen selbst sich geändert hätten. Das „Grundkonzept“ Yr wurde dann vom Ego weiter ausgebaut und wurde zur Manifestation der Angst mit allen ihren Konsequenzen. Statt Heilung durch die seelischen Helfer gab es nun nur noch eine Abwärtsentwicklung, in der Angst mit Angst in Resonanz ging und sich von Tag zu Tag verstärkte.

Die Heilung durch die Psychiaterin Frau Dr. Fried bestand darin, Deborahs Ego davon zu überzeugen, dass es in einer eigenen Scheinkonstruktion mit eingebauter Angstverstärkung lebte, und es in die allgemein anerkannte Welt des Egos zurückzuführen, in welcher Deborah dann angemessen handeln kann. Dies erschien ausreichend. Eine Heilung, die zu einem Ausgleich zwischen Ego und Seele geführt hätte, wurde nicht angestrebt. In Hinblick darauf, dass Deborah später einen Psychotherapeuten geheiratet hat, lässt sich vermuten, dass zwar ihre „Funktion“ in der materiellen Existenz wieder hergestellt worden ist, aber das eigentliche Ungleichgewicht, dass das Übermaß an Schmerz in ihrem Bewusstsein verursacht hat, nicht ausgeglichen worden ist.

In anderen Worten: Sie verfasste zahlreiche Schriften zur Nervenheilkunde und Psychotherapie: In ihrem Aufsatz Über die Einsamkeit wies sie auf die Bedeutung der Einsamkeit für die Entwicklung psychischer Störungen und Geisteskrankheiten hin. Dieser Einsamkeit stellte sie die Arzt-Patienten-Beziehung als heilende zwischenmenschliche Begegnung gegenüber: Der Therapeut sollte dem Patienten eine Brücke bauen, über die er aus der großen Einsamkeit seiner eigenen Welt zu Realität und menschlicher Wärme gehen kann.

Der Therapeut sollte wissen, dass seine Rolle zu Ende ist, wenn diese Menschen imstande sind, selbst – ohne Verletzung ihrer Mitmenschen – ihre eigenen Quellen der Befriedigung und Sicherheit zu finden, unabhängig von der Zustimmung ihrer Nachbarn, ihrer Familie und der öffentlichen Meinung. Solch eine Haltung ist erforderlich, weil in der Regel die Heilung eines Schizophrenen nicht in der Umwandlung der schon vor der Krankheit bestehenden Persönlichkeit in eine andere Art von Persönlichkeit besteht. In diesem Sinne ist Schizophrenie keine Krankheit, sondern ein spezifischer Persönlichkeitsstatus mit eigenen Lebensformen. Ich bin davon überzeugt, dass viele Schizophrene gesund werden könnten, wenn das Ziel der Behandlung im Sinne der Bedürfnisse der schizoiden Persönlichkeit […] verstanden würde, und […] nicht im Sinne des nicht schizophrenen, konformistischen „guten Staatsbürgers“, des Psychiaters.“

– Fromm-Reichmann: Intensive Psychotherapie[13]

Niemals darf der Schmerz uns leiten. Unser Handeln erwächst aus dem angstlosen Wissen um unsere Geborgenheit im Sinn, um unsere Beseeltheit und um die ewige Einheit von allem. Wir handeln immer in Liebe zu allem und jedem. Es existiert keine innere Trennung. Niemals darf der Schmerz allein uns leiten.

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